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Baugeschichte und Objektbeschreibung

Lageplan der Burg, Bayerische Vermessungsverwaltung

Burg Rieneck wurde ab 1168 auf einem sich von Nordwest nach Südosten erstreckenden Höhenrücken über einem Talkessel am Zusammenfluss des Trockenbachs und Fließenbachs mit der Sinn durch Graf Ludwig von Loon und Rieneck erbaut. Die Burg sollte den Herrschaftsanspruch des Grafengeschlechts gegen die angrenzenden Territorien der Bistümer Fulda, Mainz und Würzburg sichern.

Aus der ersten Bauphase stammt noch der nördliche polygonale Bergfried (H), der oberhalb eines Halsgrabens die Burganlage zur Hauptangriffsseite hin deckt. Größe und Ausstattung, insbesondere eine Kapelle im dritten Turmgeschoss deuten auf eine Wohnturmnutzung hin.

Eine zweite Ausbauphase folgte um 1200. Sie umfasst nunmehr die gesamte Fläche der Kernburg. Insbesondere auf der Westseite sind bauzeitliche Reste der Umfassungsmauer, der zweite (westliche) Bergfried (F) unmittelbar hinter der Umfassungsmauer und der südlich hieran anschließende Palas (E) und Teile von dessen südlicher Erweiterung (Torhaus/E) erhalten. Ebenfalls aus dieser Bauphase stammt die romanische Burgkapelle St. Fabian und Sebastian (C) auf der Ostseite.

In einer dritten Bauphase um 1300 wurde nördlich der Burgkapelle ein Anbau angelegt, von dem sich der zugemauerte spitzbogige Zugang in der Kapellen-Nordwand erhalten hat. Der Ostflügel (D) zwischen Torhaus und Burgkapelle war Mitte des 16. Jahrhunderts nachweislich Bestand. Er wird einer vierten Bauphase zugeordnet.

1673 wurde das Lehen Rieneck von Kurmainz an die böhmische Linie des Oberlausitzer Grafengeschlechts von Nostitz verkauft, die sich jedoch um den Baubestand nicht weiter gekümmert haben.

Maßgebliche und mit gestaltprägende Veränderungen erfolgten in einer sechsten Bauphase, nachdem der Arzt Franz Rinecker die Anlage 1860 vom bayerischen Staat gekauft hatte. Insbesondere das Torhaus und der Ostflügel wurden weitgehend in neugotischen Formen umgestaltet und die Kapelle durch Abbruch der Narthex und Neugestaltung der Westfassade verändert.

In den 1920er Jahren kam die Burg in den Besitz des vermögenden deutschnationalen Schriftstellers Walter Bloem, der sie jedoch bereits 1929 wieder veräußerte.

1929/30 wurde Burg Rieneck dann mit erheblichem Aufwand zur „Jugendburg Rieneck“ umgebaut (Bauphase VII). Der westliche Bergfried wurde um ein zusätzliches Geschoss, den sog. „Adlerhorst“ aufgestockt, mit einem neuen Turmdach versehen, stark durchfenstert und im Innern ausgebaut. Zwischen den beiden Bergfrieden wurde, angelehnt an die romanische Burgmauer und auf diese aufbauend, ein Verbindungstrakt, der sog. „Burgmauerflügel“ (G) errichtet, der zunächst im Erdgeschoss eine Kegelbahn und im Obergeschoss eine Liegehalle aufnahm (heute Küche und Verwaltungsräume). Der Palas wurde ebenfalls sowohl im Innern, als auch hinsichtlich der Durchfensterung verändert.

Die Burg diente nach dem Umbau zunächst als Ferienheim für Kinder, dann als SA-Sportschule und im 2. Weltkrieg als Lazarett und Gefängnis.

1959 wurde Burg Rieneck von dem eigens hierfür gegründeten „Erholungs- und Bildungswerk der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) e.V.“ gepachtet und schließlich 1967 als Eigentum erworben. Die CPD fusionierte 1973 mit den übrigen evangelischen Pfadfinderverbänden in Deutschland zum VCP. Seitdem gehört die Burg dem „Bildungs- und Erholungswerk Burg Rieneck e.V. des Verbandes Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder“. Nach Übernahme der Burg durch die CPD erfolgte zunächst der Ausbau der Dachgeschosse von südlichem Verbindungsflügel und Kapelle zu Unterkunftszwecken. Der 1976 erbaute großvolumige Saalbau auf dem Gartengelände zwischen Burgkapelle und nördlichem Bergfried veränderte nochmals erheblich das Gesamterscheinungsbild der Burg, auch auf Fernsicht. 2003 wurde eine Generalsanierung des südlichen Verbindungsflügels und der Verwaltungsräume abgeschlossen.

Die Zuwegung über die Straße „Schloßberg“ zweigt von der Hauptstraße nördlich ab und führt steil ansteigend in gerader Linie über den Kamm des Schlossberges zur Burg. Ein erstes Tor führt durch die Zwingermauer in den südöstlich vorgelagerten Zwinger, in dem sich der obere Burgparkplatz befindet. In den nach Südosten spitz zulaufenden Zwinger schiebt sich, dem Südostflügel der Kernburg vorgelagert, ein rundes, ummauertes Plateau, der sog. Rondellgarten“.

Der Burgweg führt westlich am Fuß der Rondellmauer zum Burgtor im Torhaus. Diese südliche Fortsetzung des Palas ist ein zwei- bzw. dreigeschossiger rechteckiger Baukörper aus Sandstein-Sichtmauerwerk, dessen Erscheinungsbild wesentlich von den Umbauten der 1860er Jahre bestimmt wird. Die Südecke ist mit einer fünfseitigen, zinnenbekrönten Tourelle besetzt. Die südöstliche Eingangsseite wird von einem Treppengiebel mit Zierzinnen überhöht. Der Torweg steigt innerhalb des Gebäudes noch auf Hofniveau an und knickt rechtwinklig zum Hof hin ab. Im Unterschied zu den - bis auf Teile der Tourelle - sandsteinsichtigen Oberflächen auf der Feldseite, ist das Torhaus zum Hof hin verputzt. Schleppgauben sorgen für die Belichtung der Dachgeschosse. Das Satteldach ist mit Biberschwanz-Ziegeln eingedeckt. Der Palas zwischen Torhaus und westlichem Bergfried entspricht konstruktiv dem Torhaus.

Der westliche Bergfried in Form eines regelmäßigen Oktagons steht unmittelbar hinter der Umfassungsmauer. Die innere Aufteilung, inklusive des Treppenhauses, die Durchfensterung und das oberste Geschoss stammen im Unterschied zum mittelalterlichen Buckelquader-Mauerwerk der Außenwände aus Bauphase VII (1929/30). Der insgesamt achtgeschossige Turm wird von einem biberschwanz-gedeckten Zeltdach überdeckt.

Der zweigeschossige westliche Verbindungstrakt zwischen westlichem und nördlichem Bergfried wurde erst 1929 innen an die Burgmauer angebaut bzw. auf diese aufgesetzt. Die Außenseite folgt dem bogigen Verlauf der Burgmauer. Auf der die Innenseite wurde ein hölzerner Laubengang zur alternativen Erschließung der Verwaltungsräume im Obergeschoß vorgeblendet.

Der heute noch drei Stockwerke hohe nördliche Bergfried wird nur über dem eigentlichen Innenraum mit einem Holzaufsatz mit Zeltdach überdeckt, während die Mauerkrone der bis zu 6 m starken Außenwände als Terrasse mit Brüstungsmauer aus Sandstein ausgebildet wurde.

Der Ostflügel ist ein zweigeschossiger Massivbau aus Sandsteinmauerwerk, auf beiden Seiten außen verputzt, mit biberschwanz-gedecktem Satteldach und Schleppgauben im ausgebauten Dachgeschoss. Hofseitig kragt das Obergeschoss auf einer hölzernen Substruktion über dem Erdgeschoss aus, so dass ein gedeckter Gang entsteht.

Die Kapelle verfügt über dem eigentlichen romanischen Kapellenraum über ein zusätzliches Stockwerk. Im Unterschied zum südöstlichen Verbindungsflügel, dem Saalbau und den Bauten auf der Westseite der Burg steht die Kapelle giebelständig zum Hof. Feldseitig stehen die halbrunde Altarapsis und ein polygonaler Aufsatz darüber über die Mauerflucht vor.

Der Saalbau von 1976 schließt sich nördlich an die Kapelle an, wobei das niedrigere Treppenhaus höhenmäßig zwischen der Kapelle und dem eigentlichen Saalgebäude vermittelt. Das Treppenhaus springt auch feldseitig zurück, sodass eine Terrasse entsteht. Die feldseitige Außenwand des Saalbaus ist auf der Burgmauer aufgesetzt, besteht aus unverputztem Sandsteinmauerwerk und öffnet sich mit drei großen Fensterbändern nach außen. Die verputzte Hofseite des einstöckigen Gebäudes ist hingegen als Lochfassade ausgebildet. Über dem Saal befinden sich noch zwei ausgebaute Dachgeschosse mit Schleppgauben im ziegelgedeckten Satteldach.

Eine Fluchttreppe aus einer verzinkten Stahlkonstruktion führt aus den Dachgeschossen des Saalbaus als Steg über die Burgmauer und an der Außenwand des nördlichen Bergfrieds nach unten.

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Bild 1 Nördlicher Bergfried, AB Haase
Bild 2 Südwestseite des neugotisch umgestalteten Torhauses, AB Haase
Bild 3 Burg Rieneck vor dem Umbau 1930, alte Postkarte (M. Strecker)
Bild 4 Westlicher Bergfried und Burgmauerflügel mit Umbauten von 1930, AB Haase
Bild 5 Das Burgtor, vom Hof aus gesehen, AB Haase
Bild 6 Die Kapelle von Westen, AB Haase