Facebook | Kontakt | Impressum

Fazit

Gebäude die vor dem Inkrafttreten der 1. Wärmeschutzverordnung 1978 errichtet wurden, machen, laut Statistik der dena, derzeit 71 % des Gebäudebestandes in Deutschland aus. Diese Zahl sagt zunächst nichts über die energetische Qualität der Bauwerke aus, zumal der Anteil bereits sanierter Gebäude innerhalb der Gruppe nicht beziffert ist. Dennoch wird allgemein darauf verwiesen, dass der große Altbaubestand ein Hauptproblem für die Bemühungen um eine Reduzierung des Energieverbrauchs darstellt. Tatsächlich wird sich an dem Anteil auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern. Lediglich ca. 0,1 % der vorhandenen Wohngebäude werden jährlich abgerissen. Hinzu kommt, dass immerhin etwa 29 % des Gebäudebestands vor 1949 gebaut wurde und tendenziell von Bedeutung für das Erscheinungsbild von Orten und Landschaft ist. Es ist weder wünschenswert, noch in einer freiheitlichen Gesellschaft praktikabel durch Zwangsmaßnahmen oder sehr starken Druck eine Bereinigung dieser Situation anzustreben.

Unabhängig von einer formalen Unterschutzstellung durch die staatliche Denkmalpflege sollte der historische Gebäudebestand als Wert verstanden werden, den es zu pflegen und erhalten gilt. Dies ist aber nicht nur in kultureller und gestalterischer Hinsicht wichtig, sondern hat auch aus ökologischer Sicht durchaus seine Berechtigung. Regelmäßig wird vergessen, dass für einen Neubau, selbst wenn dieser in energetischer Hinsicht mustergültig ist, erst einmal sehr viel Energie aufgewendet werden muss. Es sollte also gründlich abgewogen werden, ob und wann ein Abriss und Neubau tatsächlich sinnvoll ist.

Dennoch kann und darf das Alter eines Bauwerks und auch nicht prinzipiell seine Unterschutzstellung als Denkmal als Vorwand dazu dienen, einfach nichts zu tun und hohe Energieverbräuche als unveränderlich hinzunehmen. Dies gilt allein schon aus Kostengründen: Werden in Zukunft die Energiekosten für den Betrieb eines Bauwerks zu hoch, kann es auf Dauer nicht mehr genutzt werden. Die Betriebskosten könnten also bald zu einer ernsten Gefahr für den Erhalt des Denkmalbestands und des historischen baulichen Erbes in Deutschland werden.

Simple Standardlösungen werden dem Problem nicht gerecht. Ein rigoroses Dekretieren maximaler Verbrauchswerte und minimaler Bauteilqualitäten durch den Gesetzgeber ist für den historischen Baubestand nicht praktikabel. Ein einfaches Einpacken mit dicken Schichten von Wärmedämmung würde häufig den gleichen Gestaltwertverlust bewirken, wie ein Abriss. Dennoch gehen die aktuellen Vorschriften in diese Richtung.

Das vorliegende Konzept für eine nachhaltige Erneuerung und Bewirtschaftung des Kulturdenkmals Burg Rieneck ist - gerade vor diesem Hintergrund - kein abgehobenes Experiment, um zu zeigen, was unter Einsatz des technisch Machbaren und ohne Rücksicht auf die Kosten maximal realisierbar wäre. Es ist eine anwendungsorientierte Untersuchung, auf welche Weise mit vertretbaren Kosten und trotzdem denkmalverträglich, ein historisches Bauwerk energetisch saniert und somit zukunftssicher gemacht werden kann.

Ein erstes und grundlegendes Fazit ist, dass jedes historische Gebäude aufgrund seiner Lage, Konstruktion, Nutzung und Entstehungsgeschichte ein Unikat ist und deshalb auch individuell analysiert werden muss, um gute Lösungen entwickeln zu können. Eine zweite grundlegende und durchaus brisante Erkenntnis ist, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Nachweise (DIN 18599) für die Bewertung des Energiebedarfs von historischen Gebäuden mit ihren konstruktiven Eigenheiten und spezifischen Nutzerangewohnheiten kaum brauchbar sind. Dies ist wegen der Verbindlichkeit der Anwendung und den entsprechenden Rechtsfolgen ein ernstes Problem. Das Beispiel von Burg Rieneck zeigt deutlich, dass historische Baukonstruktionen in energetischer Hinsicht keineswegs so schlecht zu beurteilen sind, wie dies die normierten Nachweisverfahren unterstellen. Die positiven Eigenschaften dieser Konstruktionen, wie z.B. große Speichermassen durch dicke Wände mit hoher Dichte, gutes Raumklima durch offenporige, diffusionsoffene Materialien, geringere Lüftungswärmeverluste bei Räumen mit großem Luftvolumen etc. werden bislang nicht berücksichtigt. Dabei wird gerade auf die Bedeutung des sommerlichen Wärmeschutzes durch Speichermassen seit vielen Jahren in Fachkreisen immer wieder hingewiesen.

Gleichermaßen wird anhand der Untersuchung deutlich, wie groß tatsächlich der Einfluss des Nutzers/Bedieners auf den realen Energieverbrauch eines Gebäudes, unabhängig von dessen Dämmwerten oder technischen Anlagen ist. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig hier eine Bewusstseinsbildung und Schulung der Öffentlichkeit ist. Burg Rieneck kommt als Bildungszentrum in dieser Hinsicht eine große Bedeutung zu. Eine Automatisierung der Heizungs- und Lüftungsregelung ist derzeit noch mit sehr hohen Kosten und fragwürdiger Effizienz verbunden. Eine manuelle Regelung setzt andererseits kompetente Nutzer/Bediener voraus. Es ist also auch in diesem Punkt individuell abzuwägen, um eine optimale Lösung zu erreichen.

Weiter konnte aufgezeigt werden, dass eine relevante Reduzierung des Energieverbrauchs von historischen Gebäuden auch ohne generelle, massive Nachdämmung aller Hüllflächen erreicht werden kann, indem auf der Grundlage einer genauen Untersuchung einzelne besonders gravierende Schwachpunkte herausgearbeitet und dann gezielt beseitigt werden.

Grafik 3 Energieeinsparung durch Nachdämmung, AB Haase

Allein durch die Nachdämmmaßnahmen (Bauteile C-G) könnten in Summe ca. 136.000 kWh/a eingespart werden. Weitere ca. 40.000 kWh/a könnten durch eine Verbesserung des Saalbaus erreicht werden. Dies bedeutet bereits eine Reduzierung des Energieverbrauchs um etwa 43 %. Zusätzlich ca. 5 % der Heizenergie kann durch Wärmerückgewinnung im Zuge eines Umbaus der Küche eingespart werden. Dies gilt nur, wenn die Burg nach der Sanierung mit dem gleichen Komfort betrieben wird, wie vor der Sanierung. Das heißt, dass trotz einer vollautomatischen Heizungs-Regelung die Heizkörper wie bisher händisch auf eine sehr niedrige Temperatur außerhalb der Nutzungszeiten eingestellt würden.  Die Ziele der energetischen Sanierung insgesamt können aber allein durch Nachdämmung des Bestandes in einem wirtschaftlich und architektonisch rechtfertigbaren Rahmen nicht gedeckt werden.

Für die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen zur energetischen Sanierung muss berücksichtigt werden, dass sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis immer dann deutlich verbessert, wenn mehrere Vorhaben bzw. Nutzwerte miteinander kombiniert werden können. Teure Nachdämmungen werden schnell wesentlich wirtschaftlicher, wenn ohnehin Baumaßnahmen zur Bauschadensbehebung oder aus funktionalen Gründen erforderlich sind. Effizientes Arbeiten und ein kostensparendes Vorgehen in dieser Weise setzt aber langfristige und ganzheitlich durchdachte Planungen voraus. Die neue Heizungstechnik kann auch erst dann installiert werden, wenn die baulichen Voraussetzungen (Dämmung etc.) geschaffen wurden. Es sollte daher zukünftig weit mehr als heute üblich werden, Planungen nicht ausschließlich für konkrete, unmittelbare Bauvorhaben durchführen zu lassen, sondern im Sinn der Nachhaltigkeit gerade auch für längere Zeiträume. Allerdings müssen derartige Planungen auch offen und flexibel genug sein, um die schnell fortschreitende technische Entwicklung integrieren zu können und sie dürfen in gestalterischer Hinsicht kein zu enges Korsett schaffen.

Durch eine Umsetzung des Konzepts zur nachhaltigen Erneuerung und Bewirtschaftung in der empfohlenen Variante können selbst dann, wenn eine Hüllensanierung des Saalbaus vorerst nicht stattfindet, auf dem aktuellen Preisniveau ca. 15.000 Euro/a an Energiekosten eingespart werden. Gleichzeitig würde sich der CO2-Ausstoß von bisher ca. 124 t/a um 97 t/a auf nur noch 27 t/a reduzieren. Für die CO2-Bilanz wurde für den Stromanteil der deutsche Strommix angenommen, um einer Vergleichbarkeit mit anderen Gebäuden zu gewährleisten. Tatsächlich wird regenerativ erzeugter Strom eingekauft und somit kein CO2 aufgestoßen. Dabei ist die Kostenersparnis und CO2-Reduzierung aus der Eigenstromverwendung der PV-Anlage nicht berücksichtigt.

Unter der Annahme einer Vollbeheizung während der Nutzungszeiten und einer vollautomatischen Regelung, die eine Nachtabsenkung vorsieht wird jedoch während der Nichtnutzungszeit die Heizung soweit wie möglich zurückgefahren. Dementsprechend wurden die Berechnungen durchgeführt.Ein positiver Aspekt, der bei der Untersuchung von Burg Rieneck herausgearbeitet werden konnte, ist, dass durch eine kontinuierliche Instandhaltung und Pflege von Gebäuden die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung von Bauschäden und baulichen Mängeln im Rahmen gehalten bzw. auf verträgliche Weise über längere Zeiträume verteilt werden können. Längere Instandhaltungsstaus sollten unbedingt vermieden werden, da sie zu einer maßgeblichen Kostensteigerung und zu - gerade im Denkmalbereich - möglichst zu vermeidenden Verlusten an Originalsubstanz führen.Die verschiedenen, für Burg Rieneck vorgeschlagenen Lösungen zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, ein Baudenkmal mit vertretbaren Mittel und denkmalgerecht so zu modernisieren, dass der Energieverbrauch mit vertretbarem Aufwand weitgehend aus regenerativen Quellen gedeckt wird. Die Untersuchung der verschiedenen Lösungsansätze und -komponenten macht deutlich, dass es hierbei keine in allen Fällen optimale Variante gibt, sondern nur auf der Basis einer individuellen Prüfung eine begründete Entscheidung zu treffen ist.

Seite mit anderen teilen: