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Baukonstruktive und bauphysikalische Erkundung

Die baukonstruktiv-technische und bauphysikalische Erkundung des Bauwerks erfolgte vor Ort zunächst durch Inaugenscheinnahme und das Einholen von Informationen über frühere Baumaßnahmen, Veränderungen, verdeckte Bauteile bzw. Bauteilaufbauten etc. Während der kalten Jahreszeit (Februar 2012) wurden Thermografieaufnahmen des gesamten Gebäudekomplexes gemacht. Gleichzeitig wurden im gesamten Burgkomplex an signifikanten Stellen Datenlogger angebracht, mit denen die Temperatur und Luftfeuchte aufgezeichnet wird. An ausgesuchten Stellen wurden Bauteilöffnungen und/oder Endoskopieuntersuchungen durchgeführt, um Bauteilaufbauten zu erkunden und eventuelle Bauschäden festzustellen.


Burgmauerflügel (G)/westlicher Bergfried (F):

Ein erster Schwerpunkt der Untersuchungen war die Küche und die darüber liegende Zwischendecke im westlichen Verbindungsflügel und im westlichen Bergfried. Hier war durch den hohen Anfall feuchtwarmer Abluft mit Schäden zu rechnen. Tatsächlich konnten in den über der Küche gelegenen Büros von Burgleiter und Küchenleitung nachgiebige Stellen im Parkettboden bei Tür T50 bzw. T51 und im Deckenanschluss in Küchenraum 0.05 Rückstände von Feuchteschäden gefunden werden. Letztere haben sich jedoch als Restspuren eines älteren und sofort nach Auftreten behobenen Wasserschadens im darüber liegenden Sanitärraum herausgestellt, die in keinem Zusammenhang mit der Bauphysik der Küche stehen. Die Bauteilöffnung der Unterdecke über dem Küchenraum 0.05 durch eine vorhandene Revisionsöffnung ergab, dass es sich um eine abgehängte Gipskartondecke mit einer Abhänghöhe von ca. 30 cm handelt. Die Zwischendecke ist ein massives Stahlbetonbauteil aus der Umbauphase VII von 1929/30. Offensichtliche Bauschäden waren nicht zu erkennen. Auf eine Öffnung der Zwischendecke im westlichen Verbindungsflügel über der Küche wurde verzichtet, da ohnehin Umbaumaßnahmen im Bereich Küche und Verwaltung vorgesehen sind. Im 6. Turmgeschoss ist an allen Fugendichtungen der Fenster starker Schimmelbefall. Eine Bohrung im besonders stark verstockten Bereich des Parkettfußbodens der Teeküche 6.04 ergab, dass das Massivparkett in Teer verklebt wurde und sich darunter eine massive Zwischendecke befindet. Schäden an der Deckenkonstruktion sind nicht anzunehmen. An der Holzbalkendecke über den Räumen 6.03 und 6.04 konnten keine Schäden festgestellt werden.


Westflügel (E):

Im Palas wurde die Decke über dem Speisesaal 0.04 näher untersucht. Die sichtbare Holzbalkendecke inklusive der massiven Stützpfeiler mit Kopfbändern und Sattelhölzern, Wandkonsolen und Randschwellen ist eine Unterdeckenkonstruktion und nicht die tatsächliche tragende Zwischendecke. Die Felder zwischen den Balken der Unterdecke sind mit einer akustisch wirksamen Schaumstoffplatte und darüber 10 cm Mineralwolledämmung gefüllt. Über der Unterdeckenkonstruktion befindet sich bis zur eigentlichen Holzbalkendecke noch ein ca. 30 cm hoher Hohlraum.

Im Winkel zwischen dem Torhaus und dem Ostflügel (D) befand sich früher ein gewendelter Treppenaufgang mit Überbau und benachbartem erkerartigem Vorbau aus einer Fachwerkkonstruktion. Die vermauerten Wandöffnungen in Wand 1.02c wurden bei der thermografischen Erkundung aufgefunden. Die Stahlbetondecke über dem Heizraum -1.07 wird von unten durch die Abwärme der Heizkessel stark aufgeheizt. Es wurden Oberflächentemperaturen an der Unterseite der Stahlbetondecke von 30° C gemessen. Der Fußboden im darüber liegenden Programmbüro 0.02 weist immer noch eine Oberflächentemperatur von 24° C auf, was zeitweise zu unbehaglichen Raumklimaverhältnissen führt.

Von einer Untersuchung der Decken unter den Sanitärräumen wurde abgesehen, da diese nicht zerstörungsfrei durchführbar gewesen wäre.

Ostflügel (D):

Der Boden des laubengangartigen Flurs 1.02 auf der Hofseite des Ostflügels grenzt an die Außenluft. Es handelt sich noch um die historische Holzbalkenkonstruktion mit Fehlboden und Sandfüllung. Die Wärmeverluste durch dieses ungedämmte Bauteil sind in den Thermografieaufnahmen deutlich zu sehen. Besonders stark sind die Verluste im Bereich des Wand-Boden-Anschlusses. Die Zwischendecke über Raum 0.18 wurde abgehängt. In dem darüber liegenden Raum 1.24 befanden sich früher Sanitärräume. Aufgrund eines langandauernden Wasserschadens musste zu einem früheren Zeitpunkt ein hölzerner Tragbalken ausgewechselt werden. Die Decke wurde anschließend wiederhergestellt. Nach Auskunft von Zeitzeugen befindet sich unterhalb der eigentlichen Zimmerdecke bis zur Unterdecke über 0.18 ein Hohlraum von 0,8 m bis 1,0 m Höhe. Von einer Untersuchung der Decken unter den Sanitärräumen wurde abgesehen, da diese nicht zerstörungsfrei durchführbar gewesen wäre.


Kapelle (C):

Die Decke über dem Kapellenraum 0.20 wurde schon wegen des eingetretenen Bauschadens (s.o.) näher untersucht. Die Ursache des Schadens an der Unterdecke konnte geklärt und anschließend behoben werden. Das Aufmaß und eine Bauteilöffnung an vier Probestellen ergaben, dass es sich bei der Deckenkonstruktion offenbar um ein Hängewerk handelt. Die zentrale Hängesäule wird über der obersten Geschossdecke von einer Zange getragen und hält einen Tragbalken, der mittig in Längsrichtung über den gesamten Kapellenraum spannt. Unterhalb dieses Längstragbalkens, liegen die eigentlichen Deckenbalken in Querrichtung. Darunter befindet sich die hölzerne Unterdecke. Der Fußboden in der Wohnung über der Kapelle besteht aus einer doppelten Spanplattenlage mit ca. 5 cm Stärke und einem Linoleumbelag. Die Spanplatten müssen wegen des darunter befindlichen, etwa 14 cm hohen Hohlraums von einer Hilfskonstruktion getragen werden, die aber nicht näher zu klären war.

Der von außen erkennbare polygonale Baukörper über der Apsis der Kapelle hat keinen Zugang. In der Thermografieaufnahme wird die verputzte Fachwerkkonstruktion des feldseitigen Kapellengiebels sichtbar. Dies kann als Entscheidungsgrundlage für Gestaltungsvorschläge bei späteren Instandhaltungsmaßnahmen dienen.

Saalbau (A/B):

Der Saalbau entspricht insgesamt, trotz der erst 2002/2003 durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, nicht den aktuellen Anforderungen der novellierten Energie-Einsparverordnung (EnEV 2009). Darüber hinaus, wurden durch die Thermografie aber auch einige besondere Schwachpunkte sichtbar gemacht. Diese liegen überwiegend im Bereich des Treppenhauses. Die Holz-Glas-Elemente und die ungedämmten, die Außenhaut durchdringenden Betonpfeiler stellen sowohl konstruktiv, als auch hinsichtlich der Einbauqualität, besondere Schwachpunkte dar. Sie wurden zum Teil zwischenzeitlich durch neue Holz-Glas-Elemente ersetzt. Die weiterhin ungedämmten Betonpfeiler und die Fehlstellen in der Dachdämmung müssen noch nachgebessert werden.

In allen Bauteilen werden durch die Thermografieaufnahmen Schwachpunkte, wie undichte Fenster und Türen, ungedämmte Heizkörpernischen und Heizungsleitungen unter Putz, etc. sichtbar, die gezielt nachgebessert werden können. Die Auswertung der Datenlogger bestätigt das Ergebnis der vorangegangenen Untersuchungen. Darüber hinaus konnten noch Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Heizungs- bzw. Lüftungsverhalten gewonnen werden, aufgrund derer Empfehlungen für den weiteren Betrieb gemacht werden können. Gerade die Ergebnisse der Raumklimamessung in Raum 1.13 der Verwaltung bestätigen die anhand der Thermografie aufgedeckten Schwachstellen und Problemzonen im Obergeschoss des Burgmauerflügels und decken sich mit den Aussagen des dort beschäftigten Personals über zu hohe Temperaturen im Sommer und Kälte/Zugerscheinungen im Winter. Nur anhand der Begutachtung der Baukonstruktion und unter Berücksichtigung des geringen Alters wäre die Beurteilung sicherlich nicht der Realität angemessen negativ ausgefallen. Durch die extrem undichten Türen und Fenster und infolgedessen sehr kalten Sockelbereiche und Fußbodenflächen in Verbindung mit ebenfalls schlechten Außenwänden und Mängeln in der Deckendämmung entstehen kalt abstrahlende Hüllflächen und

Zuglufterscheinungen, die den Aufenthalt in den Räumen unbehaglich machen. Es wurde offensichtlich versucht diesen Mangel durch starkes Aufheizen der Raumlufttemperatur (bis zu 26°C) zu kompensieren, was aber nur sehr begrenzt Erfolg haben kann und sehr viel Energie kostet. Im Absenkbetrieb fällt die Raumtemperatur wiederum zu stark ab, was einen unnötigen Energieaufwand beim erneuten Hochheizen verursacht. Im Sommer machen sich die baukonstruktiven Mängel umgekehrt durch zu hohe Temperaturen bemerkbar, so dass Kühlgerätemit hohem Stromverbrauch eingesetzt werden müssen, um eine notdürftig akzeptable Arbeitsumgebung zu erreichen.

In der Wohnung der Freiwilligendienstler oberhalb der Kapelle (Datenlogger Raum 2.25) fallen zunächst die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht auf. Sie belegen deutlich die Problematik der ungedämmten Wände und nicht bzw. unzureichend gedämmten Decken und Dachschrägen. Selbst durch bedenklich hohe Heizkörper-Oberflächentemperaturen (70°C) lässt sich weder ein behagliches Raumklima erreichen, noch der starke Schimmelbefall verhindern. Im Treppenhaus des westlichen Bergfrieds (Datenlogger Raum 3.09) bleibt die Raumtemperatur bedingt durch die hohen Speichermassen relativ gleichmäßig, bzw. steigt im Jahresverlauf nur langsam und kontinuierlich an und fällt ebenso wieder ab. Eindeutig zu hoch ist, im Verhältnis zur Raumtemperatur, die Luftfeuchtigkeit. Dies ist auf den Abzug sehr feuchter Luft aus der Küche durch das Turmtreppenhaus zurückzuführen.

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Bild 14 Unterdecke und Stützpfeiler im Speisesaal, AB Haase
Bild 15 Thermografieaufnahme der Ostseite der Kapelle, AB Haase
Bild 16 Thermografieaufnahme Raum 1.14 (Burgleitung), AB Haase
Grafik 1 Datenlogger-Auswertung Raum 1.13, AB Haase